Mietergeschichten
von Sabrina Lettenmaier & Diar Nedamaldeen
Zu Besuch bei Frau Malezic
„Ihr seid 24 Stunden zu früh dran“, behauptet Binasa Malezics Kalender. „Aber ich bin gleich da!“, sagt sie selbst am Telefon. Während wir vor der Haustüre warten, begrüßen uns vom Nachbarhaus aus ein paar freche Gesichter, die gerade weit genug über die Balkonbrüstung reichen, um „Haaaaallooooos!“ herüberzuschicken. Vielleicht ist auch Ayla dabei: Die jüngste von vier Töchtern aus dem Hause Malezic. Sie geht gleich nebenan in den Kindergarten. Einige kichernde Begrüßungen später ist Frau Malezic da. Wir schnaufen uns gemeinsam in den vierten Stock und sobald Coco, der pflichtbewusste Malteser Chihuahua, im Schlafzimmer verstaut ist, dürfen wir eintreten. 24 Stunden zu früh kommen heißt kommen, wenn alles ist, wie es eben ist – und nicht förmlich verräumt und zurechtgerückt wurde. Der Moment, als am Morgen alle in den Tag aufgebrochen sind, hängt noch in der Luft. Das stehengebliebene, verstreute, krümelige, verwurschtelte Leben heißt uns willkommen und weist uns freundlich darauf hin, doch auch mal nicht alles so wichtig zu nehmen. Die Wohnung der Malezics ist einer von diesen Orten, für die das Wort „heimelig“ erfunden wurde und die in der Erinnerung immer ein bisschen nach Kuchen riechen. Einen solchen hätte es auch gegeben, frischgebacken, wären wir – wie vom Küchenkalender vorgesehen – einen Tag später gekommen. Dafür wandern jetzt Kekse auf den Tisch und Binasa Malezic lässt Kaffeeautomat und Wasserkocher gurgeln, um uns mit Heißgetränken zu versorgen. Schenkt euch einfach selbst Saft ein. Braucht ihr Hausschuhe?
„Zuhause bedeutet Familie. Dafür lebt man doch.“
Binasa Malezic, Wettersteinring
Dann setzt sie sich an den großen Esstisch und versucht sich die Räume, in denen die Familie nun schon 16 Jahre lang wohnt mit neuen, mit unseren Augen anzuschauen. Ihr Blick fällt auf eine bunte Ecke zwischen Kamin und Couch: Aylas Territorium. Der Peppa-Wutz-Fan hat zwar ein eigenes Zimmer, richtet sich mit Miniatur-Küche, Kuscheltieren und Malsachen aber lieber im Wohnzimmer ein. Da spielt es sich einfach ein bisschen zusammener. Dann wandert Frau Malezics Blick nach oben und wird stolz: Ein Urlaubsfoto, das die ganze Truppe zeigt. Katrin und Tina, die inzwischen zwar aus- aber („zum Glück!“) nicht weit weg gezogen sind. Alina, die gerade in der Schule ist, Ayla, die Jüngste und Damir, der Papa. Etwa 30 Jahre ist es her, seit Binasa und Damir Malezic aus Montenegro nach Deutschland gekommen sind. Freising sollte die dritte und bislang letzte Station sein – und der Ort, an dem ihre vier Mädels auf die Welt kommen. Auch die Frau, die heute „Motor der Familie“ genannt wird, ist jetzt in Freising zuhause: Oma Bajsa. Täglich und spätestens gegen 13 Uhr meldet sie sich zum Dienst, um die Familie mit einem Mittagessen zu versorgen. Nicht selten wird dann ein großer, vorgekochter Eintopf die Treppen hinaufgewuchtet. „Ohne sie würde hier gar nichts laufen“, ist sich Frau Malezic sicher. Schließlich sind Damir und sie ständig unterwegs: er als LKW-Fahrer, sie überall in der Stadt oder am Flughafen, zum Hausmeisterdienst oder zur Gebäudereinigung.
Wir machen eine kleine Tour durch die Wohnung, vorbei an gerahmten Gesichtern, die zu unterschiedlichen Momenten in der Zeit in die Kamera gelächelt haben. Arme, die auf Schultern liegen, Köpfe, die sich zueinander neigen. Frau Malezic öffnet Türen und erklärt und lässt nebenbei Herumliegendes in Schränken und Schubladen verschwinden. Ein Spiel, das sich täglich wiederholt. Die freigewordene Fläche auf der Kommode wird bald wieder besetzt sein. Damirs Zahnstocher-Box wird nach dem Abendessen wieder auf dem Tisch stehen. Warum sich lange darüber aufregen? Frau Malezic schiebt eine Schublade zu: „Aufräumen und dann ist‘s gut“. Es gibt ja auch Wichtigeres. Wann immer sich die Gelegenheit ergibt, kommt die Familie zum Feiern zusammen. Oft sitzen dann alle unten im Garten und reichen sich Gegrilltes über den Tisch, während Coco alle Befehle – deutsche oder kroatische – annimmt, solange darauf ein Leckerli folgt. Was Zuhause für Binasa Malezic bedeutet? „Familie. Dafür lebt man doch.“
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